Oktober, Teil 1

16. Eintrag - Oktober 2007

Mal wieder was zum Thema Japanische Sprache

Ich denke mal, die meisten kennen den berühmten Spruch, den man immer wieder, vor allem bei kostenintensiven Management-Seminaren hört, dass im Chinesischen das Wort für Gefahr/Risiko das gleiche ist wie für Chance, oder so ähnlich. Nun, da ich des chinesischen nicht mächtig bin, kann ich zum Wahrheitsgehalt dieser Aussage nichts anmerken, aber es soll einfach mal so hingenommen werden und als Hinweis darauf dienen, dass Ausdrücke entgegengesetzte Bedeutungen haben können. Ich versuche nun die Kurve zum Lieblingsausruf der Japaner zu kriegen, der da "Sugoi!" lautet. Wann immer der Japaner etwas besonders schönes oder beeindruckendes sieht, kann man seine Rente drauf verwetten, dass er "sugoi!" ausrufen wird. Interessanterweise haben wir in den letzten Monaten nix anderes gehört. In Deutschland oder im englischen Sprachraum kann man sich viele andere Ausrufe des Entzückens oder der Begeisterung vorstellen, aber nicht hier.

Wirklich interessant wird die Sache dann aus einer Begebenheit heraus, die sich am letzten Wochenende beim Bäcker zugetragen hat. Den ganzen Samstag und Sonntag hat es recht dauerhaft geregnet und die Bedienung meinten dann "sugoi ame desu, ne", und wollte damit wohl ausdrücken, dass das ja wohl ein ganz ein fieser Regen ("ame") ist. Allerdings haben wir uns dann schon gefragt, wie es denn sein kann, dass in dem Zusammenhang "sugoi" Verwendung findet. Tada-san, unsere Japanischlehrerin konnte die Verwirrung nicht nachvollziehen "it has both meanings, depending on the other words" – naja, tolle Wurst. Ich habe das dann mal im Internet nachgesehen, und, siehe da "sugoi" kann "ganz toll, fabelhaft" aber auch "furchtbar, schrecklich" bedeuten, die ungläubigen Thomas' können sich selber davon überzeugen . Das wirft dann mal wieder die Frage auf, ob jemals auch nur der Hauch einer Chance besteht, diese Sprache und die damit korrellierenden kulturellen Unterschiede jemals zu verstehen, oder ist es, wie Slava immer so schön auf russisch sagt " besperspektivnjak" – ohne Perspektive.

Ich denke, nicht nur wir stellen uns die Frage, wie es dieses Land hat soweit bringen können, ohne das jemand wirklich Englisch spricht, es 3 verschiedene Zeichensätze gibt und die Sprache vor Uneindeutigkeiten nur so wimmelt.

Atommodelle und Japanisch

Auf den ersten Blick vielleicht ein eigenartiges Paar, aber es gibt doch ein paar Gemeinsamkeiten.

Der eine und auch vielleicht die andere erinnert sich noch an den Schulunterricht, und wie man dort lernte, wie man sich denn ein Atom vorzustellen habe.

Es faengt mit dem Bohr'schen Modell an – ein Kern und Schalen, auf denen die Elektronen dahin zockeln. Da denkt man als Mittelstufler man hat's verstanden, ätsch dann lernt man was über Orbitale, die nun mal nix mit Schalen zu tun haben, und dann am Schluss wird das ganze auf noch mit dem Welle-Teilchen-Dualismus kombiniert und dann hat man es verstanden, oder auch nicht.

Tada-san haben wir jetzt dabei ertappt, dass sie mit uns das gleiche macht. Zuerst heisst es, Adjektive kann man einfach an einander packen, dann muss man doch mit einer besonderen Form alles verketten (Details will ich hier nicht ausführen), also Lernen heisst auch, dass man Gelerntes wieder streichen muss und durch neues ersetzten.

Jetzt will ich mal stark hoffen, dass die Faustregel, dass es im japanischen nur zwei Zeiten gibt (im Ernst: "non-past" und "past", keine Zukunft!) auch wirklich bestand hat.

Besuch aus Deutschland

Wie ich bereits im September erwähnt hatte, hatten sich Alex und Diana zu einem Besuch bei uns in Tokyo angemeldet. Besuch zu bekommen, ist immer eine nette und schöne Sache, vor allem, wenn man gut 11.000 km von daheim lebt, und der Besuch ein "guter Besuch" sein will, und verspricht, Sachen mitzubringen, soweit es die Zollbedingungen und die Freigepäckmenge zulassen.

Mitbringsel sind für im "Auslandlebende" glaube ich, das wichtigste. Es ist eigentlich nicht so, dass man jeden Tag zu Hause sitzt und weint, weil es bestimmte Sachen nicht gibt, aber manchmal möchte man doch noch ein kleines bisschen mehr Heimat haben. Das birgt dann aber auch ein paar Herausforderungen, denn man muss sich selbst erst mal klar werden, was man den eigentlich genau (ich meine wirklich "genau") mitgebracht bekommen will, und wie erklärt man es dann auch so dem Mitbringenden, damit er auch weiss, was er wo zu besorgen hat (ohne dabei die Geduld des Mitbringenden übermässig zu strapazieren und ihn in Tausende Läden zu schicken).

Nun, unsere Bestellung war ein gutes Beispiel. U.a. haben wir ein paar Pakete "Kinderriegel", Schwarzbrot vom Zimmermann in der Ehrenstrasse in Köln, etwas Sonnenmilch und Zeitschriften (Spiegel, Focus, Elle, Instyle etc.) bestellt, sowie ein Paket "Idee Kaffee".

Jetzt, nicht ganz der Reihe nach, ein paar Anmerkungen:

1.       Schwarzbrot vom Zimmermann:

o         Ich kann auch gut ohne Leben und wir rennen nicht verzweifelt durch Tokyo, auf der Suche nach einem Bäcker der Schwarzbrot hat, denn es gibt hier auch leckeres Brot, das aber eben anders ist. Ausserdem ist es einfach nicht möglich, ein besseres Schwarzbrot zu bekommen. Punkt. Aber dennoch musste ich nach 6 Monaten eben mal 2 Pfund davon haben. Punkt. Das Besorgen hat Alex und Diana keine Probleme bereitet, es ist eben DAS Schwarzbrot von DER Schwarzbrotinstitution. Und, was soll ich Euch sagen – es war köstlich!

2.       Kinderriegel:

o         Kinderschokolade ist einfach widerlich süss und vanillig, tja aber manchmal geht es nicht ohne. Nun, ich hatte "Kinderriegel" bestellt und bekam "Kinderschokolade" mitgebracht, ein kleiner aber feiner Unterschied. Egal, die fünf Tafeln sind binnen fünf Tagen in Hüftspeck umgewandelt worden. Ausschliesslich mein Hüftspeck.

3.       Sonnenmilch & Zeitschriften

o         Kein Problem und auch "die richtige". Sonnenmilch fällt hier in Japan nämlich in die Kategorie "alles doof", ausser man gibt ein kleines Vermögen für französische Markenprodukte aus, die dann OK sind und einen vernünftigen LSF haben. Die japanischen Dinger sind nämlich mit mindestens LSF 30, 50 oder 60, so dass ein braunwerden nicht zu denken ist. Gut in Japan ist braun sein prollig (ebenso wie in Deutschland), weiss&bleich dagegen schick – die deutsche Realität ist irgendwo dazwischen, zumindest war das so vor meiner Abreise.

o         Zeitschriften kann man in Deutsch auch hier kaufen, z.B. bei Maruzen und auch bei Tsutaya, aber 1300 YEN (ca 8 EUR) für einen Stern finde ich dann etwas viel. Leider sind die Dinger bei Tsutaya auch eingeschweisst, aber Sparfüchse machen es dann wie die Japaner: Zu Maruzen gehen (nicht eingeschweisst), das ganze Ding lesen, und dann kaufen (oder es auch lassen).

4.       Idee-Kaffee

o         Der Kaffee hier schmeckt nicht schlecht (zumindest mir, Maren konnten dem Kaffee – Starbucks ausgenommen – nichts abgewinnen) und ist auch schön grob gemahlen, womit er gut zur Bodumkanne passt, aber magenfreundlich ist was anderes. Nach einer halben Kanne zum Frühstück fühlt man sich als ob man eine Flasche Salzsäure getrunken hat, und einen Koffeinkick gibt's auch nicht. Dementsprechend Idee-Kaffee – der regt an und lässt den Magen in Frieden.

Mittwoch waren wir zum Essen im TY Harbor, wo mal wieder so ziemlich alles schief gegangen ist, was die Planung anging. Ich hatte da Sonntag angerufen und einen Tisch für vier, draussen, Raucher ab 20:00 bestellt und mal wieder gebeten, einen Parkplatz zu reservieren. "Hai, hai" – jaja, alles kein Problem, aber jaja kennen wir ja schon.

Beim ankommen KEIN Schild Parkplatz voll, also Auto ausgemacht und den Schlüssel Richtung Parkplatz-Studi gereicht – näää Parking full. Grrrr! Also, Passagiere rausgelassen und zum einschlägig bekannten Parkplatz um die Ecke gefahren. Im Restaurant dann hektisches Blättern im Reservierungsbuch – nääää Mr. Peter – nix Reservierung. GRRRRRR!!! Naja, wir haben dann noch einen Tisch drinnen bei den Nichtrauchern bekommen. Essen war wieder sehr gut, also nix zu meckern. Wir sind danach noch schön in die Harbourline Lounge umgezogen und haben noch einen kleinen Absacker getrunken.

Um 23:40 waren wir dann am Parkhaus, aber leider das Tor runter – nicht wirklich schön. Überall rumgelaufen, kein weiterer Eingang. 23:55 einen Kartenleser gefunden, dessen Schlitz aber für unsere Parkkarte zu klein war. 23:59 im ganze Viertel wird die Beleuchtung abgeschaltet – hmh.

Mit dem Feuerzeug dann den ganzen Eingang nach einer Nachtklingel abgesucht und auch gefunden. Aus der Gegensprechanlage nur japanisch, ich nur auf radebruch-japanisch und oxford-english reingesprochen, dann Stille. 0:10 kam dann endlich ein Junior-Nachtwächter, der "yes" sagen konnte und mich dann durch irgendwelche obskuren Gänge zum Auto führte. Zum Dank für die mir entstandene Umstände hat er mir dann geholfen, dass Geld in die Kasse zu stecken. Das ist nämlich nicht ganz einfach, wenn das Lenkrad links ist, und die Kasse (direkt an der Schrankenanlage) auf der rechten Seite. Wie auch immer, es hat dann doch geklappt, aber ich frage <statew:ston><placew:ston>mich, warum die Nasenbären von TY Harbour die Leute zum Parken dahin schicken, wenn das Ding schon gegen 22:00 Uhr eigentlich zumacht (ich denke, dass wollte mir der Wachmann wohl sagen).

Den Freitag, 7.10. hatte ich mir dann mal freigenommen, und wir sind am späten Vormittag nochmal mit den beiden nach Kamakura gefahren. Bei absolut herrlichem Wetter und recht wenig anderen Besuchern hatten wir einen sehr schönen Tag und konnten auch mal einem shintoistischem Gottesdienst als Zaungäste beiwohnen.

Obwohl wir uns morgens einigermassen früh aus dem Haus bewegt haben, haben wir das Besuchsprogramm bis zum Einbruch der Dämmerung nur so gerade eben geschafft. Um Zeit zu sparen, haben Alex und ich einen Streckenabschnitt zu Fuss und strammen Schrittes bewältigt, während die Damen in die Rikscha gesteckt wurden.

Eine zeitliche Einsparung ergab sich daraus aber nicht, weil Herr Matsuda (sprich: Mazda) eine besonders schöne Strecke ausgewählt hat, und am Ende musste Alex und ich noch 15 Minuten warten, bis die Rikscha ankam, aber war wieder sehr nett.

Sonntag haben wir unseren Besuch dann wieder in den Flieger nach Hause gesetzt.

Endspurt

In Deutschland muessten mittlerweile die Weihnachtsmänner, Dominosteine etc in den Regalen der Geschäfte liegen. Hier ist auch schon ein bisschen Weihnachten, denn nach und nach wird in den Hills die Weihnachtsbeleuchtung installiert; alle Bäume werde mit hunderten kleiner Birnchen behangen, so dass wohl TEPCO ein paar Atomkraftwerke mehr laufen lassen muss. Offiziell ist die Beleuchtungszeit noch nicht angebrochen, aber morgens um 5, wenn die Arbeiten vorbei sind, wir immer mal getestet, und es sieht wirklich sehr, sehr schön aus.

Wir haben auch mittlerweile eine Möglichkeit gefunden, nochmal schön Urlaub zu machen, und zwar auf Ishigaki, eine der Inseln, die zu <placew:ston>Okinawa gehört. Da gibt es einen Club Med, und das werden wir dann Mitte November mal testen.

Ansonsten kann ich noch einen netten Artikel aus der Financial Times zum lesen empfehlen, Thema ist die segensreiche Funktion des Fluchens.

Den Artikel habe ich in der Bahn gelesen und fand, dass ich das hier mit Fritz Miller schon super auf die Reihe bekomme.