Dezember & Januar 08

18. Eintrag, Dezember 2007 und Januar 2008

Keine Überraschung, die Arbeit wird mehr und die Zeit in der Mittagspause was zu schreiben wird auch weniger, dementsprechend die Einträge etwas kürzer.

Der Dezember war ein wirklich flotter Monat, ist wie im Fluge vergangen.

Zuerst einmal sind wir zu Marens Geburtstag nach Hakone gefahren und haben ein schönes langes Wochenende am Fusse des Fujis verbracht. Hotel war wirklich sehr gut, das Zimmer mit wunderbaren Blick auf den See Ashino und Fuji-san selber. Da es an den Tagen auch kühl und klar war, hatten wir die meiste Zeit einen schönen Blick. Das Abendessen haben wir im Hotel eingenommen, die berühmten 100 Kleinigkeiten, in 10 (!) Gängen serviert, wobei die Bedienung uns immer mit Händen und Füssen begreiflich machen konnte, WIE wir das ganze Essen sollen, aber WAS wir da gegessen haben, hmh, zum Teil unklar. Zum Beispiel zwei am Ende zusammengewachsenen nadeldünne Spiesschen, wovon wir nicht das Ende essen sollten, die knusprig und lecker waren haben sich bei einer Wanderung im Deutschen Wald dann später als Verdacht auf Kiefernadeln entpuppt. Ein helles, Gehirnartig gemustertes, schneeweisses Ding von der Grösse eines Hühnereis habe ich auch runterbekommen, ohne bis heute zu wissen was es war. Von der Konsistenz vermute ich mal was Seidentofu, aber wirklich wissen ist was anderes. Den ersten Abend waren wir dann auch noch im Onsen (Männlein und Weiblein getrennt). Das heisse Wasser (ca 42 Celsius) war zwar ganz nett, aber ich würde mal sagen, dass dieser ganze Onsenhype masslos überzogen ist.

Ansonsten sind wir an den beiden Tagen ein bisschen am See langelaufen (leider fehlten dann in Moto-hakone die netten Cafes, die man in Deutschland an solch schönen Flecken hätte), nach Odawara gefahren und uns einfach ein bisschen erholt. Sonntag mittag sind wir dann über den Hakone Skyline zurückgefahren und haben die tolle Aussicht ein letztes mal genossen. Wer die Bilder mal ansieht, kann schnell verstehen, warum die Japaner (incl. Ferrari Club Roppongi) Bayern und Neuschwanstein so lieben, die Landschaft ist ähnlich schön und anmutig.

Montag, den 10.12. habe ich Maren in den Bus nach Deutschland (naja, zumindest den nach Narita gesetzt) und bin dann voller Tatendrang aber etwas schnupfig und frierend ins Büro gefahren. Da war was im Anmarsch. Im Büro wurde dass dann von Stunde zu Stunde schlechter und ich habe wohl so blass und lethargisch im Stuhl gehangen, dass mein Boss mich zum Doc geschickt hat.

Dort zunächst mal wieder unter dem Arm Fiebermessen 39.5 Grad, was absolut und auch für mich recht viel ist. Kaum hatte die Sprechstundenhilfe das Thermometer abgelesen wurde ich auch gleich von den anderen Wartenden abgetrennt. Der Arzt hat dann zuerst einen Grippeschnelltest gemacht – als ich nach 10 Minuten eine Maske aufgesetzt bekam und in ein noch anderes Räumchen gesteckt wurde war dann klar, dass der wohl positiv war. Die Blutabnahme habe ich dann auch noch überlebt und um 18:45 wusste ich dann Bescheid, Influenza Typ A, 'ne waschechte Grippe. Der Doc hat mich dann für den Rest der Woche nach Hause geschickt, um mich a.) zu kurieren, b.) keine Sekundärinfektion zu bekommen und c.) nicht alle anderen Menschen zu infizieren.

Zu blöd also, krank allein daheim.

Naja, mit viel schlafen und 126 Kanäle durchzappen hilft auch, zu mehr hat man mit Grippe ja auch nicht wirklich den Antrieb. Die Krankmeldung löste im Büro nicht gerade überschwengliche Begeisterung aus, aber so ist es eben mal.

Am 17.12., pünktlich zu meinem Abflug nach Deutschland war ich dann Gottseidank wieder flugfit, wenn auch immer noch recht matschig.

18.12. und 19.12. habe ich dann die Kollegen in Trier besucht, viele nette und interessante Gespräche geführt und mich versucht, ein wenig auf dem Laufenden zu halten, damit man den Draht zur "alten" Firma nicht verliert. Dabei habe ich etliche Liter Kaffee und ein paar Stangen konsumiert. Leider haben es Jetlag und die Grippenachwehen verhindert, dass ich abends noch Lust hatte, mich mit einige Leuten zu treffen. Im Trierer Büro war ein bisschen so die "ach, als ob Du nie weg gewesen wärst"-Atmosphäre. Sehr schön. Naja, 2009 ist ja nicht mehr lange hin.

Die Weihnachtstage und "zwischen den Tagen" haben wir dann Familie und Freunde nach Möglichkeit getroffen, 80kg Zeug eingekauft, wobei man allerdings nicht wirklich 6 bzw. 9 Monate ohne shopping nachholen kann. Man verlernt das wirklich.

Natürlich wollten alle wissen "und, wie ist es in Japan?". Tja, wie schon mal geschrieben, was soll man darauf antworten. Die ersten Male kann man vielleicht noch was erzählen, aber irgendwann geht es einem über. Schön war es, sich mit Leuten zu treffen, mit denen man einfach so über alles sprechen konnte, und nicht nur über Japan. Besonders nett waren hier die Treffen mit Alex, Helge und Burli. Einfach wie sonst auch einmal im Jahr zusammensitzen und was erzählen...

In der Zeit hatten wir die erste 14 Tage einen Mietwagen, die letzten 10 Tage hat uns Rainer netterweise seinen alten Kadett geborgt. Etwas ungewohnt, so ohne Servolenkung, E-Fensterheber, Ledersitze, Klimaanlage, Navi, sehr basic aber enorm viel Fahrspass, kein Witz.

Ansonsten haben wir der KVB eine Menge Geld in den Rachen geworfen.

Am 10.1. sind wir dann nach Tokyo zurückgeflogen, mit gemischten Gefühlen. Kann ein Land, in das man 80kg Zeug mitschleppen muss wirklich Neue Heimat sein? Was lässt man in Deutschland nicht alles zurück?

Häufige Fragen waren, was man in Deutschland vermisst, und was in Japan, bzw. was "besser" ist. Eine schwierig Frage, die man kaum vernünftig beantworten kann. Vielleicht geben ein paar Stichworte in ungeordneter Reihenfolge eine Idee:

Tokyo: Billige Metro im 5 Minuten Takt, warmes Wetter, Fussbodenheizung, freundliche und adrette Menschen, Ruhe (bis auf das Geplärre in und vor den Geschäften), Sauberkeit, Baguette von Joel Robuchon, Petit Tonneau, Sushi

Deutschland: Freunde, Familie, Kollegen, Wurst und Käse in Riesenauswahl zu normalen Preisen, einfache Antworten auf einfache Fragen, Autobahn (ich denk mal, gerade die Autobahn würden auch die ganzen Ferrari-, Lamborghini und Dicke-Benz-Besitzer zu schätzen wissen, die hier mit Ihren 400-500 PS Karren mit 120 km/h über die Autobahn bummeln müssen *hihi*).

Google 1927 n.Chr.

Um nun noch mit einer kleinen Nettigkeit abzuschliessen, hier eine Anekdote aus der Weihnachtszeit.

Am zweiten Tag waren wir traditionell bei meinem Vater und Edith in Dellbrück zu Gast, Beate, Volker und Margarete ebenfalls. Ich weiss ja nicht mehr genau, wie wir drauf kamen und was genau die Frage war, aber es ging um irgendwas zum Thema Japan, sei des Fläche, Namen der Inseln, keine Ahnung. Jedenfalls waren wir mir schnell klar, dass das eigentlich ein klarer Fall für das Internet und Google oder Wikipedia ist. Allerdings hat mein Vater kein Internet. Und was hat meine Grossmutter früher immer angeraten "sieh im Lexikon nach". Eine kluge Frau, und das gute Meyer's Lexikon in 18 Bänden mit 150kg Lebendgewicht ist ja auch eine gute Quelle. Wenn man nich gerade die Länder der Bundesrepublik nachsehen will, denn, wie ich mal meinem Erdkunde Lehrer, Herrn Eimermacher gebeichtet habe, ist das Ding von 1927. Er neigte stets zu Witzeln, dass man sich ein neues Lexikon besorgen sollte, falls Adenauer noch Bundeskanzler wäre, worauf ich dann darauf hinwies, dass bei uns es Ebert noch Reichkanzler war (zugegebenermassen ein Irrtum meinerseits, es war Wilhelm Marx).

Nun, wie auch immer, das gute Meyer's konnte die Frage beantworten, und ich habe die ganzen 20 Seiten über Japan mal überflogen. Schon echt erstaunlich, dass man so viele der alten Bilder heute noch kennt und auch die abgebildeten Sehenswürdigkeiten schon fast alle mal besucht hat. Bei dieser Gelegenheit musste ich auch feststellen, dass so ein Papierlexikon eine schöne greifbare Sache ist, und es doch keinen Ersatz für ein ordentliches Lexikon ist, hinter dem eine Redaktion stand und steht, und was ordentliches schreibt. Wikipedia mag ja eine nette und flotte Sache sein, aber es ist schon ganz was anderes, wenn Laien ihren Senf ins Internet hacken, keiner drüber sieht und dann irgendwelche Computernerds die Laieneinträge an allen Ecken und Enden bemosern (jaja, ich weiss, meine Homepage ist auch nicht viel besser!).

Das Temperaturempfinden der Japaner, Klimaschutz und Knöpfchendrücken

Ich bin der festen Überzeugung mit meiner Einschätzung, dass 20-22 Grad Celsius eine angenehme Raumtemperatur sind, wohl die Empfindungen der meisten zivilisierten Europäer teile. Klar, dass es in brüllend heissen Sommertagen in der guten Stube auch mal 25 Grad haben kann, aber ist dann dann ja auch OK.

Das trifft natürlich nicht für die lieben Japaner zu. Obwohl die Firma zum Energiesparen (daheim und im Büro) aufruft, und der brave Mitarbeiter im Sommer beim 28 Grad schwitzen und im Winter bei 18-20 Grad frieren soll, ist die Realität doch eine andere. Vor allem, wenn Japaner die Möglichkeit hat, durch Knopfdruck die Temperatur selber einzustellen. Nun, bei uns hier im Grossraum Büro herrschen das ganze Jahr über etwa 24-28 Grad, allerdings in den kleinen Meetingräume wird dann gerne im Sommer die Klimaanlage auf 22 Grad runtergelaust (während es draussen 35 Grad hat) und im Winter muss die Heizung muckelige 26 Grad produzieren, dann fühlt er sich wohl, der Japaner. Der normalen Japanerin reicht das übrigens nicht, im Büro sitzen einige Damen, die trotz der Heizungshitze noch eine dicke Decke auf Schoss und Beinen haben, weil es ja sooooo kalt ist. Bekloppt.

Andererseits ist das schon ein komischer Anblick, wenn es draussen mal wirklich kalt ist (naja, 4-9 Grad sind hier schon kalt), aber kein einziger Schornstein raucht. Denn, hier im Land des Atomstroms wird natürlich elektrisch geheizt. Dem entsprechend fühlt der Japaner sich CO2-neutral, trennt seinen Müll, fährt Hybridautos und hat eine tolle Klimabilanz. Die könnte aber noch besser ausfallen, wenn sich hier endlich mal die Unsitte verabschieden würde bei laufendem Motor ein Nickerchen im Auto zu machen, oder die ganze Familie im Auto sitzen zu lassen, während man selber shoppen geht – wobei natürlich das Auto laufen muss, damit Klimaanlage und/oder Heizung ihren Dienst tun).

Überhaupt drücken Japaner wahnsinnige gerne Knöpfchen. Das kann wohl daran liegen, dass um ein paar Worte in Japanisch zu schreiben ein paar Hundert Tastenanschläge nötig sind: Man schreibt erstmal in silbenschrift, wie das Wort wohl ausgesprochen wird und muss sich dann durch die Kanji-Liste durchtasten, dementsprechend klingen die Japaner auch immer so emsig. Und, wer schon mal einen japanischen Wagen gehabt hat, wird sicher zustimmen, dass das da nur so von kleinen fipsigen Knöpfchen wimmelt.

Das Round-up der Knöpfchendrückeritis kann man aber beim Fahrstuhl fahren beobachten. Der normale westliche Aufzug hat neben den Etagetasten, dem Notrufknopf eigentlich immer einen Knopf, mit dem man die Tür offenhalten kann. Einen Tür-zu-Knopf findet man eher selten, und eine Lichtschranke gibt es auch. Klar, hier natürlich wieder etwas anderes – z.B. keine Lichtschranke. Das macht zum Teil auch Sinn, weil man dann den Aufzug auch im Brandfall benutzen kann (und darf!), denn es ist ja keine doofe Lichtschranke da, die einen dann, wie in Düsseldorf beim Flughafenbrand, im sicheren Verderben hängen lässt. Andererseits sind dan die Aufzüge so doof eingestellt, dass die Dinger Ewigkeiten warten, bis die Tür zu geht, oder nur schon nach 2 Sekunden die Tür auf Gedeih und Verderb zu machen (es gibt einen Quetschschutz, der verhindert, dass die Tür ganz zu geht, aber ein paar blaue Flecke gibt es immer wieder mal). Besonders für die Lahmarschaufzüge ist das japanische Aufzugstandardfeature gemacht, der Tür-zu-Knopf. Dementsprechend sieht eine normale Aufzugfahrt mit 3-4 Mitfahrern so aus:

1.      Aufzug rufen

2.      Der erste der einsteigt drückt seine Etage und muss den Tür-auf-Knopf drücken, bis alle drin sind

3.      alle anderen drücken ihre Etage

4.      am ersten Halt drückt jemand der Tür-auf-Knopf, damit alle, die Aussteigen wollen auch rauskommen, dann wird der Tür-zu-Knopf gedrückt, damit es flott weitergeht usw. usf.

Beliebter Fehler ist, dass jemand zwischendrin zusteigen will, und dann vom Tür-Zu-Knopf-Druck überrascht wird und die Türen ihm oder ihr ein paar blaue Flecke verpassen. Es wird wohl niemanden überraschen, dass die Tasten, die am meisten abgewetzt aussehen, eben Tür-Auf und Tür-Zu sind. Knöpfchendrückerland...

Zum Schluss, da ich ja schon ewig lange nix mehr am Wetter zu mosern hatte: Insgesamt sehr sonnig und relativ warm (um die 5-10 Grad), sehr trockene Luft 20-40 % rH  (nachts 1,5-2 Liter Wasser trinken ist normal), 1 Tag Regen, 1 Tag Schneeregen.